«Öffentliche, baukulturelle Debatten sind unabdingbar»
- Basel.vorwärts

- Nov 19
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Meinrad Morger ist weit über Basel und weit über die Architekturszene hinaus bekannt. Er baut Häuser auf der ganzen Welt, die möglichst lange stehen bleiben sollen. Denkmäler will er aber keine bauen. Dennoch ist ihm – auch als ehemaliges Mitglied des Denkmalrats – wichtig, dass gewisse Gebäude geschützt oder eben auch abgerissen werden können.

Herr Morger, Ihre Projekte sind in vielen Städten gut sichtbar. Schaffen Sie mit Ihren Neubauten architektonische Denkmäler für kommende Generationen?
Ich bemühe mich in erster Linie, Häuser zu entwerfen, die städteräumlich, architektonisch und durch ihren Nutzen einen Sinn ergeben, einen urbanen Beitrag leisten, schön sind und möglichst lange stehen bleiben. «Denkmäler» zu schaffen war nie meine Absicht.
Was macht eine Liegenschaft aus Ihrer Sicht schutzwürdig?
Wenn Bauten aufgrund ihrer historischen Bedeutung und architektonischen Qualität wichtige Zeugen vergangener Epochen darstellen, sind sie sicherlich schutzwürdig. Ein langfristiger Erhalt solcher potenzieller Denkmalschutzobjekte liegt selbst-verständlich auch im öffentlichen Interesse.
Wann ist für Sie der Schutz einer Liegenschaft unsinnig, obwohl sie historisch von Bedeutung ist?
Für mich gibt es zwei Möglichkeiten: Die Liegenschaft hat einen historischen, aber keinen architektonischen Wert, oder eine wesentliche stadtplanerische Entwicklung wird aus politischen beziehungsweise gesellschaftlichen Gründen höher priorisiert als die historische Bedeutung eines Gebäudes.
Mit dem Mieterschutz gibt es eine neue, zusätzliche Definition von Schutzwürdigkeit. Wohnliegenschaften dürfen kaum noch baulich verändert werden. Ist dieser Schutz aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Ich bin kein Freund von «indirekten Massnahmen». Die Gesetzgebung ist nicht verständlich und kontraproduktiv. Ein Wohngebäude besitzt beste Grundlagen alt zu werden und dadruch nachhaltig zu sein, wenn qualitätsvoll gebaut wird, bauliche Anpassungen oder Veränderungen im Verlauf der Zeit möglich sind und periodische Unterhaltsarbeiten konsequent durchgeführt werden. Dies zu torpedieren, um den Mieterschutz zu stärken, ist für mich wenig nachvollziehbar.
Werden mit diesem Nutzungsschutz nicht auch «architektonische Sünden» für immer das Stadtbild prägen?
Da sich die «architektonischen Sünden» nicht nur auf den Wohnungsbau beschränken, wäre das angesprochene Problem ohne den Nutzungsschutz noch nicht aus der Welt geschafft. Es gibt aber schöne Beispiele, die belegen, dass bauliche Transformation einen wertvollen Beitrag zur Tilgung der Sünden leisten kann. Auch deshalb ist der diesbezügliche ultimative Nutzungsschutz fragwürdig.
Prominente Stimmen in Basel sagen, Basel sei – mit Ausnahme der Transformationsareale – gebaut. Stimmen Sie dieser Aussage zu?
Nein, gar nicht. 1986 hat Ursula Koch bei ihrem Amtsantritt als Zürcher Vorsteherin des Baudepartements verkündet: «Die Stadt ist gebaut.» Das Gegenteil ist passiert. Die Stadt hat sich über das gesamte Stadtgebiet stark entwickelt und ist im Inneren kräftig gewachsen. Das gleiche gilt grundsätzlich auch für Basel. Die innere Stadtverdichtung ist vernünftig und wird auch in Zukunft stattfinden. Dabei denke ich an die sich in Planung befindenden Projekte wie Heuwaagehochhaus, Nauentor, Rosentalturm oder Lonza.
Der Erhalt des Bau 52 auf dem Roche-Areal wurde sehr öffentlich diskutiert. Nebst der architektonischen Bedeutung, der Nutzbarkeit und der Nachhaltigkeit wurde auch die städtebauliche Qualität des gesamten Areals diskutiert. War diese Diskussion zielführend?
Öffentliche baukulturelle Debatten sind unabdingbar. Leider finden sie in den letzten Jahren weniger statt als früher. Die Diskussion hat gezeigt, wie wichtig ein öffentlicher Austausch ist, um die jeweiligen Beweggründe besser zu verstehen. Der gesellschaftliche Dialog ist mitunter eine wichtige Grundlage für eine hohe Baukultur.
Geht der Denkmalschutz – wie er in Basel durchgesetzt wird – zu weit?
Ich selbst war viele Jahre im Basler Denkmalrat und habe mich in diesem Zusammenhang intensiv mit dem Denkmalschutzgesetz auseinandergesetzt. Die gesetzlichen Grundlagen bezüglich des Erhalts von historisch besonders wertvollen Gebäuden, eingestuft als wichtige baukulturelle und gesellschaftliche Zeitzeugen, werden angemessen umgesetzt.
Was wäre ihr grösstes Anliegen in der Diskussion zum Erhalt von Liegenschaften?
Dass wir die Debatte offener, sachlicher und mit weniger Vorurteilen führen.




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