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Denkmalpflege: Zwist zwischen Erhalten und Modernisieren

  • Writer: Basel.vorwärts
    Basel.vorwärts
  • 26 minutes ago
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Baugesuche machen in der Basler Verwaltung einen weiten Weg. Laut Regierungsrätin Esther Keller müssen bis zu 47 Fachstellen Ja sagen, bevor ein Bauvorhaben umgesetzt werden kann. Eine dieser Stellen ist die Denkmalpflege – mit teils höchst anspruchsvollen Aufgaben.


Klybeck-Areal: Sind die Gebäude ein Fall für die Denkmalpflege?
Klybeck-Areal: Sind die Gebäude ein Fall für die Denkmalpflege?

Der Auftrag der Denkmalpflege 

Die Denkmalpflege wird immer dann einbezogen, wenn ein Gebäude unter Schutz steht, im Inventar schützenswerter Bauten aufgeführt ist oder in einer Schutzzone liegt. Für alle übrigen Baugesuche ist die Stadtbildkommission zuständig, die beurteilt, ob sich ein Projekt in das bestehende Stadtbild einfügt. 

Laut Dr. phil. Daniel Schneller, kantonaler Denkmalpfleger Basel-Stadt, spielt bei der Beurteilung nicht nur das architektonische Erscheinungsbild eine Rolle, sondern auch die Frage der Erhaltensfähigkeit. Schwieriger sind diesbezüglich ehemalige Industrie- und Verwaltungsbauten der Basler Chemie- und Pharmaindustrie. Viele dieser Gebäude sind architektonisch wertvoll oder prägen die Geschichte des Standorts – gleichzeitig aber weisen sie z.B. eine Schadstoffbelastung auf und sind deshalb nicht erhaltensfähig, oder für ihre spezifische Bauweise lässt sich keine sinnvolle Nutzung finden.


Was gilt als schützenswert? 

Städte entwickeln sich laufend weiter. Verschiedene Epochen, Baustile und Nutzungen bilden zusammen ein lebendiges Ganzes. Gleichzeitig verändern sich Bedürfnisse: Wohnraum, Arbeitsformen, Mobilität und ökologische Anforderungen wandeln sich. Ein Gebäude wird daher nur dann geschützt, wenn sein Erhalt einem öffentlichen Interesse dient – nicht aus rein nostalgischen Gründen. 

Ein Beispiel dafür ist der Roche-Bau 52. Obwohl er aus historischer und architektonischer Sicht schützenswert wäre, entschied die Denkmalpflege aufgrund dessen, dass sich die originale Substanz weitgehend als nicht erhaltensfähig erwies, keinen Antrag auf Unterschutzstellung zu stellen.


Gebäude im Wandel der Zeit 

Geschützte Gebäude weisen gegenüber heutigen Standards oft bauliche Defizite auf: zu niedrige Geländer, fehlende Barrierefreiheit, unzureichende Wärmedämmung oder mangelnder Brandschutz. Gesetzliche Vorgaben verlangen Anpassungen – gleichzeitig muss der historische Bestand bewahrt werden. Wie zwischen diesen Anforderungen abgewogen wird, ist nicht immer eindeutig geregelt. Die Denkmalpflege versucht in solchen Fällen gemeinsam mit den anderen Fachstellen mögliche Lösungen zu finden, welche die verschiedenen öffentlichen Interessen unter einen Hut bringen.


Welche Gebäude kommen ins Inventar? 

In Basel werden bisher Gebäude, die vor 1970 errichtet wurden und einen möglichen historischen, kulturellen oder städtebaulichen Wert besitzen, ins Inventar schützenswerter Bauten aufgenommen. Das Inventar wird fortlaufend überprüft und ergänzt. Während früher die Inventarerarbeitung allein durch die Fachleute erfolgte, verfolgt die Denkmalpflege heute einen partizipativen Ansatz: Quartierbevölkerung, Verbände und Interessengruppen werden einbezogen. So wird ermittelt, welche Bauten identitätsstiftend sind oder eine besondere Rolle im lokalen Gedächtnis spielen. Erst danach wird ein breit abgestützter Antrag auf Inventareintrag bei der Departementsvorsteherin gestellt.


Was bedeutet der Inventareintrag? 

Ein Inventareintrag bedeutet nicht automatisch Denkmalschutz, und es besteht keine generelle Veränderungssperre. Grundsätzlich gibt es für Eigentümerinnen und Eigentümer keine Einschränkungen. Bauliche Veränderungen werden jedoch durch die Denkmalpflege geprüft. Wird ein Objekt als schutzfähig und schutzwürdig beurteilt, wird dies in einem Schutzvertrag zwischen Eigentümerschaft und Denkmalpflege geregelt. Ein positiv bekanntes Beispiel dafür ist das Settelen-Areal.


Bundesgericht als Rechtsinstanz 

Der Aufwand für Bauprojekte in Basel nimmt stetig zu – sowohl für Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller als auch für die prüfenden Behörden. Die Öffentlichkeit übernimmt eine aktive Rolle in der Diskussion darüber, was wo gebaut oder abgebrochen werden darf. Dies zeugt einerseits von einer engagierten Bevölkerung, andererseits werden ausgehandelte Kompromisse oder fachliche Entscheide zunehmend infrage gestellt. Dadurch entstehen zusätzliche Rechtsunsicherheiten im Bewilligungsprozess. Immer häufiger müssen Bundesgerichtsentscheide Rechtsgrundlagen klären. Dies führt zu deutlichen Verzögerungen – und wirft die Frage auf, ob dies dem dringenden Bedarf an zusätzlichem Wohnraum und der energetischen Erneuerung von Gebäuden entgegensteht.


 
 
 

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