Wohnschutz & Wohnbau in Basel – Regierungsrat Conradin Cramer im Interview
- Basel.vorwärts
- Jul 8
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Updated: Jul 15
Conradin Cramer ist seit 2017 im Regierungsrat, seit letztem Jahr ist er dessen Präsident. Im Interview mit «Basel vorwärts» spricht er über seine Einstellung zum Wohn- und Mieterschutz und seine bisherigen Erfolge in diesem Bereich.

Herr Cramer Sie haben Lockerungen beim Wohnschutz schon bei Ihrer Wahl zum Regierungspräsidenten angekündigt. Weshalb ist das Thema so wichtig für Sie?
Die Wohnpolitik in Basel ist blockiert, mit der aktuellen Situation ist niemand zufrieden, weder Hauseigentümer- noch Mieterseite. Mittlerweile belegen auch Zahlen eindrücklich den Rückgang bei Sanierungen seit Inkrafttreten der neuen Wohnraumschutz-bestimmungen. Einen Sanierungsstillstand können und wollen wir uns nicht leisten, insbesondere weil wir in der Verfassung klare Aufträge verankert haben: Die Stimmbevölkerung möchte einen starken Wohnschutz, sie möchte aber auch, dass der Kanton bis 2037 klimaneutral wird.
Warum hat es so lange gedauert, bis konkrete Vorschläge auf dem Tisch waren?
Ich habe an meiner 100-Tage-Medienkonferenz letzten August erste Änderungen auf Verordnungsebene in Aussicht gestellt. Nun konnten wir im Juni eine umfangreiche Teilrevision der Wohnraumschutzverordnung präsentieren. In die Erarbeitung einbezogen wurde von uns auch die Wohnschutzkommission, und die betroffenen Interessenverbände wurden ebenfalls angehört. Das war ein aufwändiger Prozess, und ich bin froh, dass wir diesen in weniger als einem Jahr erfolgreich zu Ende geführt haben.
Sie haben mit den Lockerungen versucht, den vom Volk gewünschten Mieterschutz zu sichern und gleichzeitig Investitionen in den Wohnungsbau wieder attraktiver zu machen. Ist Ihnen dies gelungen?
Ja, ich denke, dass wir auf einem guten Weg sind. Die Wohnschutzkommission überprüft weiterhin gemäss ihrem gesetzlichen Auftrag, ob geplante Investitionen den Mieterschutz-interessen entsprechen und dabei einen Mietzinsaufschlag rechtfertigen. Durch die Anpassung des Überwälzungssatzes werden Investitionen aber finanziell wieder attraktiver und dementsprechend eher umgesetzt. Gleichzeitig konnten unnötige administrative Aufwände aus der Welt geschafft werden.
Wenn man die Statements der Immobilienbranche (HEV, SVIT, etc.) liest, dann dürften Investoren noch zu wenig Anreize sehen, wieder in Basel zu investieren.
Natürlich bestehen mit dem Wohnschutz weiterhin mehr Regulierungen als andernorts. Auch fallen Mietzinsaufschläge grundsätzlich tiefer aus. Allerdings lohnen sich gerade Investitionen in ökologische Massnahmen neu wieder ähnlich wie ohne Wohnschutz, weshalb ich doch die Erwartung habe, dass gute Anreize gerade für die von der Bevölkerung gewünschten energetischen Sanierungsmassnahmen bestehen.
Wie bewerten Sie die langfristigen Auswirkungen der Lockerungen auf den Wohnungsmarkt in Basel?
Die langfristigen Auswirkungen sind derzeit schwer abzuschätzen. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass die Balance zwischen Wohnschutz und adäquater Erneuerung des Mietwohnraums mit unserer Teilrevision nun besser eingestellt ist.
Gibt es spezielle Strategien, um den Wohnungsbau in der Stadt weiter zu fördern, auch im Zusammenhang mit den Lockerungen?
Mit den Arealen in Transformation haben wir ein sehr grosses Entwicklungspotenzial, gerade was die Wohnraumentwicklung angeht. Darum beneiden uns viele Städte. Diese und weitere Entwicklungen werden vorangetrieben. Auch hat meine Regierungs-ratskollegin Esther Keller mit dem Ziel, die Baubewilligungsverfahren generell zu vereinfachen, einen runden Tisch ins Leben gerufen. Zusätzlich fördert der Kanton finanziell insbesondere energetische Ertüchtigungen.
Der Mieterverband hat bereits vor Bekanntgabe der Lockerungen neue Initiativen angekündigt. Rechnen Sie mit weiteren Volksabstimmungen zum Mieterschutz?
Auch die Mitte hat ja eine Volksinitiative zum Thema lanciert, zudem haben wir Aufträge des Parlaments zu Gesetzesänderungen. Es ist deshalb schon wahrscheinlich, dass sich die Stimmbevölkerung wieder zum Thema äussern wird.
Wird es in Zukunft noch weitere Lockerungen geben? Wo sehen Sie noch grossen Handlungsbedarf, um Basel wieder investoren-freundlicher zu machen?
Wir haben die erwähnten Aufträge des Grossen Rates, auf Gesetzes-ebene Lockerungen vorzunehmen. Bei der Umsetzung dieser Aufträge werden wir prüfen, wo weiterer Handlungsbedarf besteht.
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