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Herr Gebhardt, ist Bauen heute nur noch mit juristischer Begleitung möglich?

Daniel Gebhardt, Partner und Advokat bei Neovius, zum Weg durch den Vorschriftendschungel im Baubereich.



Ich stelle als Bauanwalt seit einigen Jahren fest, dass die rechtlichen Fragestellungen rund ums Bauen deutlich komplexer geworden sind. Früher wurde der Anwalt - oftmals zu spät - gerufen, wenn etwa Einsprachen eingereicht wurden, Vertragsstreitigkeiten bestanden oder grössere Baumängel auftraten. Heute stellen sich schon vor Eingabe von Baugesuchen entscheidende rechtliche Fragen, Werkverträge sind zu äusserst komplizierten Vertragskonstrukten zwischen Grundeigentümerinnen, Investorinnen, Planenden und Baudienstleistern geworden und der Anspruch, ein möglichst mängelfreies Bauwerk abzuliefern, erodiert, vielleicht auch wegen des Kostendrucks. Auch wenn man uns das nachsagt: Wir haben an dieser Entwicklung nicht einfach nur Freude, denn wir möchten ermöglichen, nicht verhindern. Dennoch gilt: Konsultieren Sie uns bitte nicht erst dann, wenn man nur noch löschen kann.

Immer schwieriger wird auch die Auslegung und Umsetzung der Baugesetze, Verordnungen und behördenverbindlichen Weisungen. Die Bauinspektorate neigen zu einer restriktiven Praxis, sehen sich nicht mehr als Ermöglichende, sondern als Richtende. Das ist falsch. In Kombination dieser Schwierigkeiten mit dem explodierenden Regel- und Normenwerk, das notabene auch stark von den privaten Fachverbänden gefördert wird, sehen wir uns mit einer geradezu toxischen Mischung konfrontiert.

Nun wurde in Basel mit dem Wohnschutz noch eine weitere Bewilligungskommission eingesetzt, welche - obwohl mit Laien besetzt - Baugesuche definitiv zu Fall bringen kann. Eine Situation, die man bei der Stadtbildkommission entschärfen konnte, wird von just der gleichen Seite in Bezug auf den Wohnschutz befördert. Bauen ohne Unterstützung durch einen Juristen ist aber selbstverständlich weiter möglich. Es gibt durchaus Kantone in der Schweiz, die nicht so spannende Herausforderungen für Baujuristen bereithalten, wie dies der Kanton Basel-Stadt tut.

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